Türkenstraße 94 in München

Erinnerungszeichen für Georg Elser

Am 9. April 2019, dem 74. Todestag Georg Elsers, wurde in der Türkenstraße 94 eine Gedenktafel angebracht. Hier wohnte der Bürgerbräuattentäter vom 1. September 1939 bis zu seinem fehlgeschlagenen Bombenanschlag auf die NS-Führung am 8. November 1939 als Untermieter der Familie Lehmann.

In der Türkenstraße 94 hängt die 12 × 72 Zentimeter große Gedenktafel links von der Eingangstür zu den Wohnungen.

Im Berliner Verhörprotokoll kommt Georg Elser über sein Zimmer in der Türkenstraße ausführlich zu Wort:

Nachdem mir der Mietpreis für das Zimmer bei Baumann zu hoch war, und nachdem ich dort keine Gelegenheit zum Basteln hatte, es war ein sehr gut eingerichtetes Zimmer, habe ich mich am 1.9.39 in der Türkenstr. 94/II, bei Lehmann, Tapezierer, eingemietet. Auf dieses Zimmer wurde ich durch ein Inserat in den "Münchener Neuesten Nachrichten" aufmerksam, das ich Ende August 1939 dort einsetzen ließ. ... Dort hatte ich ein kleines Zimmer, wofür ich 17,50 RM ohne Frühstück bezahlen musste. Auch dort habe ich mich polizeilich unter meinen richtigen Personalien angemeldet. Auch der Familie Lehmann gab ich auf Befragen Auskunft über meine Herkunft und über meinen Beruf. Auch diesen teilte ich mit, dass ich an einer Erfindung arbeite und dass ich mich deswegen nach München begeben habe. mehr...

Das sogenannte "Erinnerungszeichen" gehört zu dem im Jahre 2018 von der Stadt München ins Leben gerufenen Projekt Erinnerungszeichen für Opfer des NS-Regimes in München.

Das gerasterte Bild Elsers basiert auf einem Foto (Schweizerisches Bun­des­archiv Bern, E. 4320 (B) 1970/15) aus der Akte des Schweizer Ermittlungs­berichts, das Mitte der 1930er Jahre aufgenommen wurde.

Die Tafel ist 12 Zentimeter breit und 72 Zentimeter hoch. Über dem goldfarbigen Quadrat steht "Hier lebte". Im Quadrat ist über dem gerasterten Porträtfoto Elsers folgender Text eingraviert:

Johann Georg Elser,
geboren 04.01.1903
in Hermaringen,
verhaftet 08.11.1939
in Konstanz,
ermordet 09.04.1945
im KZ Dachau

Die Initiatorin der Tafel, Hella Schlumberger, versuchte vergeblich, auch noch den Begriff "Bürgerbräu-Attentäter" mit unterzubringen. Doch das Stadtarchiv erklärte, dass auf den Münchner "Erinnerungszeichen" durch Stadtratsbeschluss generell keine "keine Opfergruppenzuweisungen" stehen dürfen. Die Hintergründe der jeweiligen Person könne jeder im Internet recherchieren.

Die Elser-Gedenktafel, die verschweigt, warum dieser Mann verhaftet und hingerichtet wurde, gehört in den Kontext eines schon seit Jahren in München schwelenden Streits um die sogenannten Stolpersteine.

Gunter Demnigs Stolpersteine

Gunter Demnig bei der Verlegung von vier Stolpersteinen in Köln.

Zum Vergrößern klicken Stolperstein für Georg Elser in Hermaringen. Einweihung

Charlotte Knobloch

Die Münchner "Erinnerungszeichen" sind letztlich eine Art Imitat der Stolpersteine von Gunter Demnig. Der Künstler hat seit 1992 über fünfundsiebzigtausend dieser Steine angefertigt, die in über tausend Kommunen in 26 europäischen Staaten an Opfer des Nationalsozialismus erinnern.

Die Stolpersteine haben die Ausmaße eines normalen Pflastersteins, die Inschrift ist entsprechend klein. Wer die Inschrift lesen will, muss sich verbeugen – vor dem Opfer und seiner Geschichte. Diese kleinen Denkmäler sind das größte dezentrale Mahnmal der Welt.

In Hermaringen erinnert an der Stelle, wo früher Georg Elsers Geburtshaus stand, ein Stolperstein an den Widerstandskämpfer.

Jüdische Gemeinde gegen Stolpersteine

Nur in einer Stadt sind diese Stolpersteine verboten: In München.

Im Jahre 2015 beschloss eine Mehrheit im Münchner Stadtrat dieses rechtlich und politisch umstrittene Verbot und folgte damit dem Wunsch der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG), der mit über neuntausend Mitgliedern nach Berlin zweitgrößten jüdischen Gemeinde Deutschlands.

Deren Präsidentin Charlotte Knobloch findet es "unerträglich", die Namen ermordeter Juden auf Tafeln zu lesen, die in den Boden eingelassen sind und auf denen "herumgetreten" werde.

Trotz dieses umstrittenen Verbots hat Gunter Demnig in München neunzig Stolpersteine (Stand August 2020) verlegt, allerdings nur auf Privatgrundstücken. Der größte Teil dieser Steine ist ermordeten Juden gewidmet.

Alternative der Stadt München

Die offizielle Alternative der Stadt Münchens sind die "Erinnerungszeichen" in Form von 1,86 Meter hohen Stelen sowie von Wandtafeln wie die in der Türkenstraße 94 zur Erinnerung an Elser.

Das Konzept wurde 2017 vom Münchner Designer Kilian Stauss in Anlehnung an Demnigs Stolpersteine entwickelt. Die Projektleitung für das "dezentrale und individuelle Gedenken an die Todesopfer des NS-Regimes in München" liegt beim Münchner Stadtarchiv.

Im Juli 2018 weihte Oberbürgermeister Dieter Reiter das erste "Erinnerungszeichen" in München ein. Seitdem wurden in München für über siebzig Personen (Stand August 2020) derartige Tafeln angebracht. Einen Antrag kann jedermann stellen. Sofern die Initiatoren nicht in voller Höhe für die Kosten aufkommen, übernimmt die Stadt München die Restfinanzierung.

Georg Elser in München

Georg Elser: Denkmale und Gedenktafeln


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