Spielfilm über den Widerstandskämpfer Georg Elser (2015)

ELSER – ER HÄTTE DIE WELT VERÄNDERT

DVD/Blu-ray Release 22. Oktober 2015

Neben dem Film enthalten DVD und Blu-ray umfangreiches Bonusmaterial wie ein Making Of, Interviews, ein Audiokommentar von Oliver Hirschbiegel und Christian Friedel sowie Eindrücke von der Deutschlandpremiere und einer Schulvorführung mit Bundespräsident Joachim Gauck. Offizieller HD-Trailer.


Dreharbeiten im Jahr 2014

Vorgeschichte seit 2010



April 2016: Danaos-Kino in Athen


13 Minuten änderten nicht die Geschichte | 13 Minutes | Elser
Mit griechischen Untertiteln

Mehr Details




Englische Version ab Juli 2015 in den Kinos

Elsers Bombe explodierte dreizehn Minuten, nachdem Adolf Hitler den Bürgerbräukeller in München verlassen hatte. Dies inspirierte zum englischen Filmtitel 13 Minutes. Die englische Version ist ansonsten identisch mit der deutschen Fassung und hat englische Untertitel. – Sie können für eine vergrößerte Ansicht auf die Bilder klicken.
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Englischer HD-Trailer



Friedenspreis des Deutschen Films

Der Bernhard Wicki Gedächtnis Fonds verleiht heute den Friedenspreis des Deutschen Films "Die Brücke".

Der nationale Hauptpreis geht an Regisseur Oliver Hirschbiegel für sein Drama "Elser - Er hätte die Welt verändert" über den gescheiterten Hitler-Attentäter Georg Elser. In der internationalen Kategorie wird der mauretanische Regisseur Abderrahmane Sissako ausgezeichnet für seinen Film "Timbuktu".

Weitere Preise gehen an das Drama "Wir sind jung. Wir sind stark" von Burhan Qurbani und an "The Fencer" von Klaus Härö. Der Preis wird seit 2002 in wechselnden Kategorien verliehen im Gedenken an den Filmemacher Bernhard Wicki ("Die Brücke"). Geehrt werden künstlerisch wertvolle Filme mit einer humanistischen und gesellschaftspolitischen Dimension. Preisträger in früheren Jahren waren unter anderem die Schauspieler Maximilian Schell und Sibel Kekilli sowie die Regisseure Florian Henckel von Donnersmarck und Marc Rothemund.

Der Regisseur Oliver Hirschbiegel (57) freut sich bei all dem Lob für seinen Film "Elser" am meisten über die Auszeichnung mit dem Friedenspreis des Deutschen Films "Die Brücke". "Das ist das schönste Kompliment für dieses Projekt", sagte Hirschbiegel kurz vor der Preisverleihung am Donnerstagabend der Deutschen Presse-Agentur beim Empfang des FilmFernsehFonds Bayern zum Filmfest München.

Eine überlange Dankesrede sei aber nicht zu erwarten, betonte er. "Dankesworte halte ich eher knapp, ich bin ja kein Politiker." Sein erster Dank gelte dabei immer den Schauspielern - "dann den Autoren, dann meinen Produzenten und dann der ganzen Bande".

Quelle: Focus Online 2. Juli 2015



Quelle: Lars-Olav Beier / Martin Wolf, Ehrenwerte Gesellschaft, in: DER SPIEGEL 25/2015 (13. Juni 2015), S. 126-130. PDF 400 KB



Elser - Das Hörspiel

Parallel zum Kinofilm entstanden – Koproduktion von SWR und NDR

Das 90-minütige Hörspiel "Elser" ist parallel zum gleichnamigen Kinofilm von Oliver Hirschbiegel entstanden. Autor Fred Breinersdorfer, der mit seiner Tochter Léonie-Claire auch das Drehbuch verfasste, wählte im Unterschied zum Film vor allem die Innenperspektive Elsers, um den minutiös geplanten Anschlag und seine Hintergründe zu schildern. mehr...



Offizieller HD Trailer und Schulmaterial zum Film

Offizieller HD Filmtrailer  –  Schulmaterial zum Film PDF 6778 KB



Berlinale 2015 – Filmstart im Wettbewerb (außer Konkurrenz)

Wenders und Hirschbiegel im Wettbewerb

Die letzten fünf Filme für den Wettbewerb der Berlinale 2015 stehen fest. Dabei sind unter anderem der rumänische Regisseur Radu Jude und der Chilene Pablo Larraín. Und Wim Wenders - sein neuer Film "Every Thing Will Be Fine" läuft aber außer Konkurrenz.

Berlin - Per Salamitaktik hatten die Berlinale-Veranstalter in den letzten Wochen nach und nach bekanntgegeben, welche Filme in diesem Jahr um den Goldenen und die Silbernen Bären konkurrieren. Jetzt ist der Wettbewerb der 65. Internationalen Filmfestspiele komplett: Nachdem bereits bekannt geworden war, dass unter anderem Peter Greenaway und Terrence Malick ihre neuen Filme im Wettbewerb präsentieren werden, komplettierten fünf vergleichsweise unbekannte Regisseure das Programm:

So zeigt der rumänische Regisseur Radu Jude, der bereits 2009 in der Berlinale-Sektion für Jungen Film für "The Happiest Girl in the World" prämiert wurde, in diesem Jahr sein neues Werk "Aferim!". Gleich zwei der bekanntgewordenen Wettbewerbsfilme stammen von chilenischen Filmemachern: Die Dokumentation "El botón de nácar" (auf deutsch: "Der Perlmuttknopf") von Patricio Guzmán und "The Club" von Pablo Larraín. Letzterer war mit seinem Film "No" 2013 bei den Oscars für den besten fremdsprachigen Film nominiert. Zudem gehen "Sworn Virgin", der Debütfilm der Italienerin Laura Bispuri, und der japanische Film "Chasuke's Journey" von Sabu ins Rennen um die Trophäen.

Insgesamt 19 Filme werden um den Goldenen und die Silbernen Bären konkurrieren. Zudem gaben die Veranstalter bekannt, dass zwei deutsche Produktionen von hochkarätigen Regisseuren im Wettbewerb außer Konkurrenz laufen: Wim Wenders' 3D-Film "Every Thing Will Be Fine" mit hoher Stardichte: James Franco, Charlotte Gainsbourg und Rachel McAdams spielen in dem Drama mit. Außerdem im Wettbewerb außer Konkurrenz: "Elser" von Oliver Hirschbiegel über den Hitler-Attentäter Georg Elser mit Christian Friedel und Burghart Klaußner. Beide Filme starten bereits am 2. April regulär in den deutschen Kinos.

Die Berlinale läuft vom 5. bis 15. Februar 2015, Hollywood-Schauspieler wie Cate Blanchett, Natalie Portman, Stellan Skarsgård, Charlotte Rampling und Christian Bale werden erwartet. Die Preisverleihung findet am 14. Februar statt, den Vorsitz der Internationalen Jury hat der Regisseur Darren Aronofsky. Insgesamt zeigt das Festival mehr als 400 Filme aus aller Welt.

Quelle: SPIEGEL ONLINE 19. Januar 2015

Was bedeutet "außer Konkurrenz"?

Bei der Berlinale laufen in diesem Jahr cirka 20 Filme im Wettbewerb, davon jedoch einige "außer Konkurrenz". Diese Filme werden nicht bewertet und können auch keinen Bären bekommen. Warum eigentlich?

Filme "außer Konkurrenz" werden trotzdem in der Kategorie "Wettbewerb" gezeigt, weil die Veranstalter das "Augenmerk auf sie lenken wollen", wie eine Sprecherin der Berlinale sagt. Ein Internationales Filmfestival wie die Berlinale wolle schließlich - wenn möglich - alle derzeit wichtigen Filme repräsentieren. Und die Filme im Wettbewerb bekämen naturgemäß die meiste Aufmerksamkeit.

Die Regelung, dass Filme "im Wettbewerb außer Konkurrenz" laufen gibt es seit Ende der 1950er Jahre, als die Preisverleihung eingeführt wurde. Die Gründe, warum ein Film "außer Konkurrenz" läuft, sind vielfältig. Oft hängt es mit dem Kinostart zusammen. Filme, die um die Berlinale-Bären konkurrieren, dürfen lediglich in ihrem Ursprungsland im Kino schon vor dem Festival kommerziell gezeigt worden sein. Auch der Eröffnungsfilm wird oft - wenn auch nicht immer - außer Konkurrenz gezeigt.

Alle Berlinale-Wettbewerbsfilme müssen in den zwölf Monaten vor Beginn des Festivals produziert worden sein. Bei deutschen Filmen muss es sich um die Weltpremiere handeln.

Quelle: rbb-online 5. Januar 2015



Rezension in DER TAGESSPIEGEL

Das alles darf Kino, wenn es sonst nur gut ist

Fast hätte der Abend des 8. Novembers 1939 die Historie verändert. Oliver Hirschbiegels "Elser" verzwergt die Geschichte des Hitler-Attentäters zum Dorfmelodram.
VON PETER VON BECKER

Über 30 Versuche eines Attentats auf Adolf Hitler soll es gegeben haben. Die meisten sind schon im Ansatz gescheitert. Nur zweimal explodierten wirklich Bomben, doch allein Graf Stauffenberg und die Verschwörer des 20. Juli 1944 haben dann ihren verdienten Nachruhm erhalten. Der schwäbische Tischler und Tüftler Johann Georg Elser indes, der Kühnste und Erstaunlichste von allen, die den Tyrannen töten wollten, ist von den Historikern anerkannt worden. Ihm sind Gedenktafeln gewidmet, auch im Saal des ehemaligen Bürgerbräukellers in München, wo Elsers Dynamitladung Hitler knapp verfehlte. Aber zum allgemeinen deutschen (und gar weltgeschichtlichen) Helden ist Elser nie geworden.

Das würde Oliver Hirschbiegel gerne ändern. Sein Biopic "Elser" heißt im internationalen Verleih "13 Minutes", und der fürs Hitler-"Untergangs"-Opus einst oscar-nominierte Regisseur hofft nun mit all seinen Produzenten und angeschlossenen Sendern und Spendern auf den großen Durchbruch. 70 Jahre, nachdem Elser als jahrelanger persönlicher "Schutzhäftling" Hitlers auf dessen Befehl im April 1945, in den letzten Kriegswochen, noch im KZ Dachau erschossen wurde.

Fast hätte der Abend die Historie verändert

13 Minuten fehlten, sonst hätte der Abend des 8. Novembers 1939 vermutlich die Historie Europas und der Welt verändert. Hitler redete damals vor über tausend Parteigenossen und einem Teil der NS-Führungsschicht zum Gedenken an seinen eigenen versuchten Staatsstreich in München 1923. Gleich danach wollte er noch nach Berlin zurückfliegen, doch wegen einbrechenden Nebels musste man den Zug nehmen. Darüber wurde Hitler erst im Bräu unterrichtet, spontan kürzte er seine Ansprache und verließ den Saal eben 13 Minuten, bevor hinter seinem Rednerpult Elsers Bombe explodierte und, neben vielen Verletzten, acht Zuhörer in den Tod riss.

Hirschbiegel beginnt damit, den großäugigen, dunkel gelockten Titeldarsteller Christian Friedel im flackernden Taschenlampenlicht beim nächtlichen Einbau der Sprengladung und des selbst konstruierten Zeitzünders zu zeigen. Keuchend und schweißüberströmt. Später fließt dann vor allem Blut – wenn der schon bald verhaftete Attentäter im Reichssicherheitshauptamt in Berlin beim Verhör gefoltert wird. Was dabei Orte und Zeit angeht, nimmt sich der Film ein paar Freiheiten, auch sind die Bäume im Münchner November noch grün belaubt.

Das alles darf Kino, wenn es sonst nur gut ist. Aber hier haben Hirschbiegel und sein sonst so gewiefter Drehbuchautor Fred Breinersdorfer fast alles verschenkt. Der zum Zeitpunkt des Attentats längst ausgebrochene Krieg spielt merkwürdigerweise keine Rolle, und die Dramatik des Scheiterns auch nicht. Der Hitlerauftritt ist mattestes Vorabendprogramm, keine historische Nacht und auch kein Nebel. Stattdessen immerzu Christian Friedels edel leidendes Verhör-Gesicht, und kaum, dass er sich erinnert, folgt der schiere Schmalz.

Geschichte als kulissenhafter Fingerzeig

Bricht Elser erstmals unter der Folter sein Schweigen, dann summt er vor den Spitzen der SS und Gestapo tatsächlich "Kein schöner Land in dieser Zeit". Hierauf die Rückblende ins schwäbische Heimatdorf. Dort sind die eher kommunistisch orientierten Freunde Elsers allesamt die Guten, Netten, Braven. Die Nazis dagegen sind feig oder fett, schlagen ihre Frauen und liefern der Kamera (sonderbar uninspiriert: Judith Kaufmann) Abziehbilderbuchszenen: von feiertags durchs Dorf getriebenen KZ-Häftlingen oder von der erniedrigten Geliebten eines Juden. So wird, obwohl gut gemeint, Geschichte nur als kulissenhafter Fingerzeig instrumentalisiert. Und zieht Elsers Freundin Elsa (Katharina Schüttler) ihren Georg ins Bett, lautet der ungekürzte Dialog: Sie (vorher): Du! – Er (sagt nichts) – Sie (hinterher): Es ist besonders mit dir.

Was aus dem Stoff hätte werden können, deutet allein Burghart Klaußner als SS-Gruppenführer Arthur Nebe an. Bei ihm als Elsers Verhöroffizier dringt durch die brutale Fassade immerhin ein Hauch Respekt vor der technischen Intelligenz und moralischen Integrität des Einzeltäters Elser. Nebe, der nach dem 20. Juli ’44 in Plötzensee gehängt wurde, wirkt als authentische Figur nicht nur eindimensional, sondern widersprüchlich. Ansonsten hätte es, nach einem früheren Elser-Film von Klaus Maria Brandauer und einer TV-Verfilmung diesen filmischen Fehlzünder nicht gebraucht.

Quelle: DER TAGESSPIEGEL 13. Februar 2015



Rezension in SPIEGEL ONLINE

Ein einsamer deutscher Held

Oliver Hirschbiegel hat das verklärende Hitler-Porträt "Der Untergang" verbrochen, er hatte also viel gutzumachen. Das gelingt ihm mit "Elser". Der Film über den gescheiterten Hitler-Attentäter zeigt rücksichtslos das deutsche Mitläufertum.


VON BENJAMIN MOLDENHAUER

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Ein Mann kniet am Boden und platziert Sprengstoff in einer Säule, seine Hände und Knie sind blutig geschabt, der Zeitzünder beginnt zu ticken. Dann verlässt er die Stadt, versucht, die Grenze zur Schweiz zu passieren - und wird gefasst.

Wie die Geschichte ausgeht, weiß man: Die Bombe, die Georg Elser am 8. November 1939 im Münchner Bürgerbräukeller hochgehen lässt, detoniert 13 Minuten zu spät, Hitler hatte mitsamt der NS-Führungsriege das Gebäude früher als geplant verlassen. Acht Menschen sterben, unter ihnen keiner, den es hätte erwischen sollen. Wäre die Bombe rechtzeitig explodiert, es wären mit Hitler wahrscheinlich Himmler, Bormann, Goebbels und Heß in die Luft geflogen.

Regisseur Oliver Hirschbiegel ist mit "Elser - Er hätte die Welt verändert", der am Donnerstag auf der Berlinale seine Premiere feiert, überraschenderweise ein sehr stimmiger Film gelungen. Das Scheitern seines Helden handelt er gleich zu Beginn ab, das Ende der Geschichte ist bekannt: Elser wird verhört, gefoltert und in Dachau inhaftiert. Im März 1945 wird er hingerichtet.

Hirschbiegel versucht gar nicht erst, mit der Inszenierung des gescheiterten Attentats Spannung zu erzeugen, sondern knüpft an die amerikanische Tradition des Biopics an, das ein einzelnes Schicksal zum Anlass nimmt, um Grundsätzliches zu erzählen. Das Geschehen alterniert zwischen klaustrophobischen Verhörszenen und filmisch souverän inszenierten Rückblenden, in denen Georg Elser sich an ein anscheinend recht geselliges, glückliches Leben erinnert.

Überraschend ist das Gelingen des Films für die Zuschauer, die nach dem Führerbunker-Film "Der Untergang" aus guten Gründen keine Lust mehr hatten, sich von Hirschbiegel noch einmal etwas über den Nationalsozialismus erzählen zu lassen. "Der Untergang" war erkennbar fasziniert von seiner Hauptfigur Hitler, der von Bruno Ganz als irgendwie charismatischer Häuptling-Sprung-in-der Schüssel gespielt wurde. Alle Deutschen, die nicht zur engeren Führungsriege gehörten, wirkten wie die Opfer einer durchgeknallten Verbrecherclique, über deren mögliche Verstrickungen man rein gar nichts erfuhr.

In dieser Hinsicht wirkt "Elser" wie eine Selbstkorrektur. Hier taucht Hitler nur einmal auf, man sieht ihn zu Beginn des Films aus der Distanz und hört ihn verhallt durch ein Mikrofon, seine Worte sind kaum zu verstehen - als solle mit Nachdruck darauf hingewiesen werden, dass es im Folgenden um etwas anderes gehen wird als um die Legende des angeblich von einem Charismatiker verzauberten Volkes.

Empathielosigkeit der Mitläufer

"Elser" erzählt, und das ist im deutschen Kino selten, von den Deutschen, die die Nazis gewählt und begeistert begrüßt haben. Es wird gezeigt, wie ein Dorf sich ohne erkennbaren Widerstand gleichschaltet, bald sitzt die erste Frau mit einem Schild auf dem Marktplatz: "Ich bin am Ort das größte Schwein und lass mich nur mit Juden ein". In der Menge wird gefeixt.

Wie bereits in seinem Kinodebüt "Das Experiment" findet Hirschbiegel beklemmende Bilder für die Empathielosigkeit auch der Mitläufer. Während die Schreie des gefolterten Georg Elser durch die Flure hallen, sieht man die Protokollantin in einer elend langen Einstellung vor der Tür des Verhörzimmers sitzen und mit unbewegtem Gesichtsausdruck ein Buch lesen; später wird sie Elser allerdings ein Foto seiner großen Liebe zustecken. Ohne zumindest vorsichtig hoffnungsträchtige Momente kommt auch dieser Film nicht aus.

Alles in allem ist das Bild, das hier von den Deutschen gezeichnet wird, kein schmeichelhaftes, und Hirschbiegels Georg Elser ist alles, was die Volksgenossen nicht sind. Christian Friedel (der Kleist aus "Amour Fou") spielt ihn als charmanten Womanizer mit sanfter Stimme, ein wacher, lebenslustiger Mann, der lieben und Tango tanzen kann und mit dem Rotfrontkämpferbund sympathisiert. Die Affäre mit der verheirateten Elsa (Katharina Schüttler) ist, wenn auch historisch belegt, in weiten Teilen ausgeschmückt und dient hier als Metapher für den Versuch, ein selbstbestimmtes, freies Leben zu führen.

"Elser - Er hätte die Welt verändert" konstruiert weder das Bild einer verführten Nation, noch versucht der Film, einen guten Deutschen als exemplarische Figur hinzustellen. Unmissverständlich macht er klar, dass Elser die Ausnahme gewesen ist. Seine Folterer bekommen den Auftrag, aus ihm herauszupressen, wer die Hintermänner des Attentat gewesen sind. Ruhig versucht Elser ihnen zu erklären, dass einer wie er im Deutschland des Jahres 1939 mit seinem Plan allein bleiben musste: "Und Sie werden lachen. Es hätte auch niemand mitgemacht."

Quelle: SPIEGEL ONLINE 12. Februar 2015



Rezension in DIE WELT

Der Mann, der Hitler fast in die Luft gejagt hätte

Ein Schreiner aus Schwaben mag kein Brot mit Hakenkreuzen. Er fährt nach München, um Adolf Hitler zu töten. Oliver Hirschbiegel hat das Leben des Widerstandskämpfers Georg Elser verfilmt.


VON BARBARA MÖLLER

Es gibt ein Dröhnen, das sich ausbreitet, wenn der Name dessen, an den alle denken, nicht genannt wird. Am Donnerstag dröhnte es gewaltig auf der Berlinale. Auf der Pressekonferenz zu Oliver Hirschbiegels "Elser"-Film. Niemand nahm den Namen Brandauer in den Mund. Der Regisseur selbst setzte noch eins drauf auf diese Auslöschung: "Ich finde", dekretierte er, "dieses ist der erste ernsthafte Versuch, Elser auf eine Stufe mit Stauffenberg zu stellen."

Der Gerechtigkeit halber muss man sagen, dass Klaus Maria Brandauer seinen "Elser"-Film vor 25 Jahren gedreht hat. Und man könnte ihm zugutehalten, dass er dem Mann, der Hitler am 8. November 1939 im Münchner "Bürgerbräukeller" in die Luft sprengen wollte, ein erstes Denkmal gesetzt hat. Dass er Elsers Namen zumindest dem Vergessen entrissen hat. Wenn auch nicht ganz uneigennützig: Der Regisseur spielte die Titelfigur selbst und machte den Film zu einer Brandauer-Show.

Oliver Hirschbiegel hat den fulminanten Christian Friedel. Der sagt: "Es war mir eine große Ehre, diesen Menschen spielen zu dürfen, und von der schauspielerischen Seite her eine große Lust." Das sieht man dem Film an. Der nicht nur Politkrimi ist und Liebesgeschichte, sondern auch Heimatfilm. Auf der schwäbischen Alb, da, wo Georg Elser zu Hause war, ist es sogar noch schön, wenn die Hakenkreuzfahnen wehen. Den Heimatbegriff, sagt Hirschbiegel zu diesem Regieansatz, hätten die Nationalsozialisten ja dauerhaft kontaminiert, und dass ihn das immer geschmerzt habe.

Unter "verschärften Vernehmungen" erbrechen die Häftlinge

Kern seiner Erzählung ist - ähnlich wie man das vor zehn Jahren in Marc Rothemunds Sophie-Scholl-Film gesehen hat - das viertägige Verhör durch die Gestapo in Berlin. Elser wird einer "verschärften Vernehmung" unterzogen, weil der Führer, wie ihm gesagt wird, nicht glauben kann, dass es keine Mitverschwörer gab. Elser wird an einen Bettrost gefesselt, der zum Inventar des Verhörraums gehört. Da schieben Gestapo-Chef Müller (Johann von Bülow) und der Chef des Reichskriminalamts Nebe (Burghart Klaußner) vor Beginn der Tortur noch eine Emailleschüssel drunter, damit die Schweinerei nachher nicht aufgewischt werden muss.

Sie wissen, dass sich Häftlinge, die man auspeitscht und denen man glühende Schraubenzieher unter die Fingernägel schiebt, erbrechen. Die Lässigkeit, mit der das passiert, sagt alles über die Routine des Systems. Zur Routine gehört auch, dass die Protokollführerin rausgeht. Sie sitzt vor der Tür, während Elser gefoltert wird, der sich weigert, auf Müllers Fragen zu antworten. Die Kamera zeigt ihr unbewegtes Gesicht, während aus dem Vernehmungsraum immer wieder Müllers Fragen - "Name? Geburtsdatum?" - dröhnen, gefolgt von Elsers Schreien. Ihm sei wichtig gewesen, das zu zeigen, sagt Hirschbiegel, weil es tagtäglich in vielen Ländern der Welt geschehe.

Es ist schwer zu ertragen. Wenn es so weit ist, hat Elser den Sadisten Müller schon zur Weißglut gebracht. Weil er auf sein "Heil Hitler, Herr Elser!" mit "Mahlzeit" geantwortet hat. Müller giert nach jedem Anlass, Elser quälen zu lassen. Nebe ist der Opportunist. Etwas zarter besaitet. Er will's hinter sich bringen. Hitler und Himmler zufriedenstellen. Nebe lässt Elsa (Katharina Schüttler) vorführen, Elsers große Liebe, und sagt: "Jetzt erklären Sie mal Ihrem Mädchen, warum Sie das getan haben." Drohung durch Anschauung. Das wirkt. Natürlich. Als Elser fragt "Wo kommt sie jetzt hin?" antwortet Nebe "Das hängt ganz von Ihnen ab", und

Elser gesteht. Nebe glaubt ihm sogar, dass er's allein getan hat. Als er wissen will, warum, antwortet ihm Elser: "Ich bin ein freier Mensch gewesen. Wenn der Mensch nicht frei ist, stirbt alles ab."

Erhängen dauert eine Minute und vierzig Sekunden

Burkhard Klaußner in diesem Moment der Wahrheit zuzuschauen, ist atemberaubend; zu sehen, wie seine Miene versteinert, wie sich darin gewissermaßen das ganze Wissen um die Niedertracht des Systems spiegelt und dann in Abwehr umschlägt. "Abholen!" ist alles, was dieser Mann in diesem Augenblick noch sagen kann, den die Nazis kurz vor Toresschluss noch hinrichten ließen, weil er sich in der Hoffnung, glimpflich davon zu kommen, auf die Seite des Widerstands geschlagen hatte. Nebe wurde in Plötzensee gehenkt, auch das zeigt Hirschbiegel unnachgiebig realistisch: Eine Minute vierzig dauert es, bis der Mann in der Stahlschlinge aufhört zu zucken.

Das Großartige an seinem Film ist, dass man am Ende tatsächlich begreift, warum sich der Schreiner Georg Elser aus Hermaringen bei Heidenheim 1939 auf den Weg machte, Adolf Hitler zu liquidieren. Fünf Jahre vor den Stauffenberg, Tresckow, Quirnheim oder von Haeften. Eben nicht, weil "man" nicht warten konnte, bis es zu spät war, wie Friebel/Elser gegen Ende etwas didaktisch monologisiert, sondern weil er sah, wie seine Heimat langsam aber sicher vor die Hunde ging. Angefangen bei den Braunhemden, die sich im Wirtshaus immer breiter machten, bis zur Lore, die man im Dorf an den Pranger stellte, weil sie was mit einem Juden hatte, oder zum Freund, den man ins Lager steckte, weil er Kommunist war.

Der Heimatfilm, der "Elser" auch ist - Hirschbiegel unterbricht das Verhör mit langen Rückblenden - beginnt unter weißblauem Himmel. Der "Schorsch", wie ihn seine Freunde nennen, feiert mit seinen Freunden am Bodensee. Er singt "Kein schöner Land in dieser Zeit", er spielt Harmonika, die Mädchen laufen ihm hinter, weil er so unbeschwert ist. Dann kehrt er nach Hause zurück, weil der Vater, ein Säufer, die letzten Felder verkauft hat. Immer noch pfeift der Schorsch die Internationale, wenn er mit den Rot-Front-Jungs durchs Dorf radelt. Immer noch ist die Landschaft sonnendurchflutet und bilderbuchschön.

Für Steckrübeneintopf muss man sich wenigsten nicht schämen

An einer gewissen Heutigkeit sei ihm lichttechnisch gelegen gewesen, sagt Hirschbiegel, "ich wollte nicht, dass man das Gefühl hat, in eine Mottenbox zu schauen". Tut man nicht. Leuchtend schön ist auch das Erntedankfest, das durch eine Filmvorführung gekrönt wird. Einer sagt: "Heute erleben wir mal wieder, wie der Führer uns den technischen Fortschritt bringt." Elsers, ganz in Schwarz, weil sie gerade vom Kirchgang kommen, erweisen sich als unbestechlich. Würstchen? Brot mit eingebackenen Hakenkreuzen? Nein danke, sagt die Mutter, man habe zu Hause zwar nur Steckrübeneintopf, aber der sei ihr lieber, für den müsse sie sich nicht schämen.

Kurz darauf erlebt man, wie Elsers ihren Hof verlieren. Wie der Schorsch im Hüttenwerk schuftet. Wie er es nicht mehr erträgt, dass die Elsa von ihrem Mann grün und blau geschlagen wird. Wie das Kind, das er mit ihr hat, stirbt. Wie ihm die letzte Leichtigkeit des Seins in dieser politisch bleiernen Zeit abhanden kommt. Dieser Mann, das begreift man, kann nicht einfach so weitermachen. Er muss etwas unternehmen. Also fährt er nach München ...

Georg Elser hat das Attentat mit dem Leben bezahlt. Er ist kurz vor der Befreiung in Dachau erschossen worden. Der eine oder andere mag sich gefragt haben, ob es im 21. Jahrhundert wirklich noch einen neuen Film über ihn gebraucht hat. Und damit kommen wir noch einmal auf die Pressekonferenz zurück. Ganz am Ende, als alle quasi schon im Aufbruch waren, ist der Name Brandauer dort doch noch gefallen. Wie aus dem Nichts schoss Hirschbiegels Drehbuchschreiber Fred Breinersdorfer die Bermerkung ab, Brandauers Film habe gezeigt, wie Elser die Bombe gebaut habe - "wir zeigen, warum er sie gebaut hat". Das ist zwar richtig, war aber ausgesprochen boshaft.

Quelle: DIE WELT 12. Februar 2015



Produzentenpreis des Bayerischen Filmpreises für die "Beste Produktion" (2015)

Film über Hitler-Attentäter Georg Elser gewinnt Hauptpreis

Gleich zwei mit dem Bayerischen Filmpreis ausgezeichnete Filme beschäftigen sich mit dem Dritten Reich. Den Ehrenpreis erhielt der Kameramann Gernot Roll.

Der Film "Elser – Er hätte die Welt verändert" über den Hitler-Attentäter Georg Elser ist im Münchner Prinzregententheater mit dem Hauptpreis des Bayerischen Filmpreises ausgezeichnet worden. Die Produzenten Oliver Schündler und Boris Ausserer erhielten die mit 200.000 Euro am höchsten dotierte Auszeichnung des Abends. Sie wurde von Elsers Neffen Franz Hirth überreicht, der von seinen Erinnerungen an die Zeit berichtete, als sein Onkel versuchte, Hitler zu töten.

"Ein sorgfältig recherchiertes und brillant geschriebenes Drehbuch von Fred und Léonie-Claire Breinersdorfer, ein in jeder Nuance überzeugender Hauptdarsteller Christian Friedel und eine meisterhafte Regie von Oliver Hirschbiegel machen Elser zu einem herausragenden Kinoereignis", hieß es in der Begründung der Jury.

Mit der Zeit des Nationalsozialismus befasst sich auch der Film Im Labyrinth des Schweigens über die Frankfurter Auschwitz-Prozesse. Alexander Fehling bekam den Preis als bester Darsteller für seine Rolle als Ankläger. Die Auszeichnung überreichte ihm ein Mann, der damals Ankläger war und eine zentrale Figur in der Aufklärung über das Grauen von Auschwitz einnahm. Der ehemalige Staatsanwalt Gerhard Wiese lobte nicht nur Fehlings schauspielerische Arbeit: "Als Mensch super-sympathisch, charismatisch", sagte Wiese zu einem sichtlich gerührten Fehling.

Der Regiepreis ging an Baran bo Odar für seinen Hacker-Film Who Am I – Kein System ist sicher mit Tom Schilling und Elyas M'Barek. Als beste D arstellerin wurde Katharina Marie Schubert für ihre Rolle als arbeitslose Schauspielerin in Ein Geschenk der Götter ausgezeichnet.

Jasna Fritzi Bauer gewann für ihre Rolle in About a Girl und Louis Hofmann für Freistatt jeweils den Preis als Beste Nachwuchsdarsteller. Der Nachwuchsregiepreis ging an Tomasz Emil Rudzik für seinen Film Agnieszka, der Drehbuchpreis an Sarah Nemitz, Lutz Hübner und Oliver Ziegenbalg für den Schulfilm Frau Müller muss weg.

Mit dem undotierten Ehrenpreis wurde der Kameramann Gernot Roll (Nirgendwo in Afrika) ausgezeichnet. Der Publikumspreis ging an die Büro-Satire Stromberg - Der Film mit Christoph Maria Herbst in der Hauptrolle.

Quelle: Zeit Online 16. Januar 2015


Dreharbeiten im Jahr 2014

Vorgeschichte seit 2010



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