Georg-Elser-Platz im neuen Stadtoval

Georg Elser in Aalen

Der Widerstandskämpfer war 1923 als Schreiner in der Möbelfabrik Paul Rieder tätig

1923 war eines der schwierigsten Jahre der jungen Weimarer Republik. Das Ruhrgebiet wurde durch französische und belgische Besatzungstruppen okkupiert, der deutsche Reichskanzler rief zum passiven Widerstand auf, der schließlich eskalierte und 137 Tote forderte. Eine Hyperinflation vernichtete die Geldvermögen, im November war ein US-Dollar 4,2 Billionen Mark wert. Ebenfalls im November scheiterte in München ein Putsch Adolfs Hitlers, der knapp zehn Jahre später auf legalem Wege Reichskanzler wurde und Deutschland in eine Diktatur verwandelte. In diesem Jahr 1923 arbeitete ein 20-jähriger Schreinergeselle aus Königsbronn, der sechzehn Jahre später im Münchener Bürgerbräukeller die NS-Führung mit einer Zeitbombe beseitigen wollte, in einer Möbelfabrik in Aalen.

Etwa im Dezember 1922 habe ich bei dem Schreinermeister Sapper gekündigt, nachdem ich Aussichten hatte, in der Möbelfabrik Riederer in Aalen als Schreinergeselle einzutreten. Diese Kündigung hatte Sapper seinerzeit nicht angenommen, da er mich dringend benötigte. Nachdem Sapper auch eine neuerliche Kündigung Anfang 1923 aus dem gleichen Grunde nicht angenommen hatte, bin ich Ende Januar 1923 oder Anfang Februar bei Sapper weggeblieben und in die Firma Riederer in Aalen als Schreinergeselle eingetreten. Der Grund des Arbeitsplatzwechsels lag darin, dass der Verdienst bei der Firma Riederer bedeutend höher war als bei Sapper.

Bei der Firma Riederer war ich bis zum Herbst 1923 in Arbeit. Dort hatte ich in der Hauptsache Kücheneinrichtungen und Schlafzimmermöbel anzufertigen. Die Wohnung hatte ich während dieser Zeit in Königsbronn bei meinen Eltern beibehalten. Ich fuhr stets mit der Bahn zum Arbeitsplatz und zurück. Irgendwelche Freundschaften habe ich bei der Firma Riederer mit Berufskameraden nicht geschlossen.

Nachdem im Herbst 1923 infolge der Inflation das Geld keinen Wert mehr hatte, habe ich freiwillig bei der Firma Riederer ordnungsgemäß gekündigt und mich an den häuslichen Arbeiten beteiligt. Ich half meiner Mutter wie früher bei den Feldarbeiten und war meinem Vater, der in der Zwischenzeit den Holzhandel ausübte, bei Waldarbeiten, z.B. Stangenputzen, Absägen, Aushauen und dergl. behilflich.

Seite 33 des Berliner Verhörprotokolls.

Auf dem Areal des Drei-Sterne-Hotels in der Stuttgarter Straße 45-47 arbeitete Georg Elser 1923 in der damaligen Möbelfabrik Paul Rieder.

Alte Aufnahme der Möbelfabrik Rieder. Das Gebäude sieht man auf dem oberen Foto links auf Höhe des Autos, erkennbar an dem immer noch existierenden Erker.

So steht es in Georg Elsers Berliner Verhörprotokoll vom 19. November 1939 auf den Seiten 33 und 34.

Die Aalener Möbelfabrik hieß jedoch in Wirklichkeit nicht Riederer, sondern Rieder. Da hat Elser sich entweder schlecht erinnert oder die Protokollantin falsch mitgeschrieben.

Zuvor hatte Elser bei der Schreinerei Robert Sapper in seinem Wohnort Königsbronn gearbeitet, wo er ab 1919 eine Lehre absolvierte. Im Frühjahr 1922 legte er an der Gewerbeschule in Heidenheim die Gesellenprüfung als Klassenbester ab und war bis Januar 1923 bei Sapper als Schreinergeselle tätig, wo er größtenteils in der Möbelschreinerei arbeitete. Die Firma Sapper existiert heute nicht mehr.

Die Aalener Möbelfabrik befand sich in der Langen Straße, die ein Teil der heutigen Stuttgarter Straße wurde. Es gibt zwar in Aalens Stadtgebiet noch eine Straße dieses Namens, die allerdings im Teilort Ebnat liegt.

Vom Aalener Bahnhof aus hatte der Schreiner aus Königsbronn noch ungefähr siebenhundert Meter zu Fuß, bis er seine Arbeitsstätte schräg gegenüber vom heutigen Aalener Rathaus erreichte.

Die Möbelfabrik Paul Rieder stand im Bereich des heutigen City Hotel Antik Aalen, Stuttgarter Straße 45-47, und Teilen des Areals der dahinterliegenden Arbeitsagentur.

1974 wurde in der Stuttgarter Straße 45 ein Tagescafé eröffnet. Bis Anfang der 1980er-Jahre bestand in der Nachfolge der Möbelfabrik noch ein Möbelgeschäft mit Gebrauchtmöbeln, dessen Inhaberin Hedwig Junginger war. 1982 entstand nach Abriss von Lagergebäuden das heutige Hotel.

Nach der Episode bei der Firma Rieder in Aalen arbeitete Elser zunächst in der Landwirtschaft seiner Eltern mit. Im Sommer 1924 nahm er eine Arbeit bei der heute ebenfalls nicht mehr existierenden Möbelschreinerei Matthias Müller in Heidenheim auf. 1925 ging er auf Wanderschaft und arbeitete bis in die 1930-er Jahre bei verschiedenen Firmen im Bodenseeraum.

Georg-Elser-Straße in Aalen?

Wie die Schwäbische Post am 15. November 2016 berichtete, hat die SPD-Gemeinderatsfraktion bereits im Oktober 2012 einen Antrag gestellt, Georg Elser auch in Aalen mit einem Straßennamen zu ehren. Auf eine Antwort des OB werde bis heute gewartet. Aalener Oberbürgermeister ist seit Juli 2013 Thilo Rentschler.

In einem Leserbrief in der Schwäbischen Post wurde am 17. November 2016 folgende Überlegung vorgestellt:

Es gebe in Deutschland inzwischen über sechzig Georg-Elser-Straßen und -Plätze. Viele davon in Neubaugebieten, aber mit einer einzigen Ausnahme keine an einem authentischen Ort, der tatsächlich etwas mit dem Widerstandskämpfer zu tun habe.

Die einzige Ausnahme sei der Georg-Elser-Platz in der Türkenstraße in München. Dort befanden sich früher eine Schlosserei und eine Schreinerwerkstatt, in denen Elser - ein paar Häuser entfernt von seiner damaligen Unterkunft in derselben Straße - Teile seiner Zeitbombe anfertigen ließ bzw. selbst anfertigte.

Hinter dem City Hotel Antik Aalen, also direkt bei Elsers damaligem Arbeitsplatz, verlaufe zwischen Stuttgarter Straße und Julius-Bausch-Straße die Krähenstraße. Diese Krähenstraße sei eine eher unbedeutende Straße.

Sie biete Aalen jedoch die einmalige Chance, durch eine Umbenennung ähnlich wie München eine Stadt mit einer Georg-Elser-Straße mit historisch begründetem lokalem Bezug zu werden.

Entscheidung für Georg-Elser-Platz

Wie die Aalener Nachrichten am 1. Dezember 2016 berichteten, gibt es im Aalener Gemeinderat aber inzwischen eine Mehrheit für einen Georg-Elser-Platz in einem Neubaugebiet beim Aalener Bahnhof, dem sogenannten Stadtoval, einer ehemaligen Industriebrache.

Die Fläche vor dem künftigen Kulturbahnhof (Bild rechts) soll den Namen des Widerstandskämpfers erhalten.

Wie die Aalener Nachrichten am 17. Dezember 2016 berichteten, fiel die endgültige positive Entscheidung des Aalener Gemeinderats am 15. Dezember 2016 ohne weitere größere Diskussion.


Georg-Elser-Straßen und Plätze

Lebenslauf von Georg Elser