In Jebenhausen besuchte Elser seine Freundin Elsa Härlen

Zwei Einwohnerinnen erinnern sich noch an ihn - Mit dem "Köfferle" zur "Els"

Eugenie Kirschbaum und Frida Däuber, zwei Einwohnerinnen von Jebenhausen können sich noch gut an die Besuche von Georg Elser bei seiner "Braut" Elsa erinnern. Ehe er sich von der Umwelt zurückzog, um sein Attentat auf Hitler vorzubereiten, tauchte er öfter in diesem Ortsteil von Göppingen auf, wohin Elsa Härlen nach ihrer Scheidung zurückgekehrt war. Musste er auf sie warten, so saß er dann im "Waldhorn".


VON ULRICH RENZ (2013)

    

Ulrich Renz

Ulrich Renz

Anton Lechner, Oberstudienrat im Ruhestand und Historiker in Jebenhausen, hat die Königsbronner Georg Elser Gedenkstätte auf die beiden Zeitzeuginnen in seinem Heimatort aufmerksam gemacht. Darauf besuchten ihn Joachim Ziller und Ulrich Renz in seinem Haus, das im Dachgeschoss eine wahre lokalhistorische Schatzkammer beherbergt.

Da präsentierte Lechner auch Fotos von Elsa Härlen, die aus Jebenhausen stammte und dort nur "Else" oder auch "Els" genannt wurde. Sie ist da mit ihrer Schulklasse und bei der Konfirmation zu sehen. Eine andere Aufnahme zeigt sie inmitten der Angehörigen des Jahrgangs 1911, als der 1961 das 50er Fest feierte.

Als die Jebenhauserin Elsa 1933 den Schreiner Georg Elser kennenlernte, lebte sie mit ihrem Mann Hermann Härlen in Königsbronn. Doch ihre Ehe lag bald in Trümmern, ihr Verhältnis mit Elser sprach sich herum. 1936 zog Elsa bereits vor der offiziellen Scheidung wieder ins elterliche Haus an der heutigen Boller Straße in Jebenhausen. Und dort tauchte dann Georg Elser immer mal wieder auf. Im Ort galt er als "Verlobter" von Elsa.

Anton Lechner führte seine Besucher aus Königsbronn zu Eugenie Kirschbaum, die am 23. April 1920 geboren wurde und deren Eltern seinerzeit den Gasthof "Waldhorn" betrieben. In ihrem verwinkelten Haus hinter dem zur Zeit leer stehenden Gasthof berichtet sie, dass sie den am Fenster der Gaststube sitzenden Georg Elser bedient habe."Er isch emmer alloi do g'hockt," sagt sie und erläutert, dass er von seinem Platz aus das gegenüber liegende Haus seiner Elsa beobachten konnte. Er habe ein Bier getrunken, mehr nicht, denn "a Säufer war er net". Sie hätten sich manchmal unterhalten: "Mr hot halt mitanander g'schwätzt." Mit anderen Gästen habe er kaum geredet. Auch sei er nie lange geblieben: "Des isch koi Hocker g'wä." Gelegentlich habe er etwas gevespert, Mittagessen habe es im "Waldhorn" nicht gegeben. Über Elsa und Georg sei im Dorf auch gelästert worden, und es habe über ihn geheißen: "Des isch ihr Kerle."

Die am 15. August 1911 in Göppingen-Jebenhausen geborene Elsa Härlen im Alter von sechs, vierzehn, fünfundzwanzig, fünfzig und vierundfünfzig Jahren. Die Portraits sind Ausschnitte aus den unten im Anhang abgebildeten Gruppenfotos sowie aus der Sendung "Panorama" vom 26. Juli 1965.

Frau Kirschbaum meint, Elser sei damals die drei Kilometer von Göppingen nach Jebenhausen zu Fuß gegangen. Dem widerspricht allerdings die am 19. November 1919 geborene Frida Däuber, die ebenfalls Erinnerungen an den Besucher aus Königsbronn hat. Wie oft er bei Elsa Härlen gewesen sei, wisse sie nicht mehr, sagt sie am Telefon. Aber er sei immer mit dem Omnibus aus Göppingen gekommen. Die Haltestelle lag direkt vor dem Haus, in dem Elsa Härlen mit ihren Eltern und auch Frau Däuber im sogenannten "Judenbau" wohnten. Jebenhausen hatte früher eine große jüdische Gemeinde, die Erinnerung daran wird in einem attraktiven Museum gepflegt.

Boller Straße

Elsa Härlen wohnte in Jebenhausen im sogenannten "Judenbau" in der Boller Straße 20, gegenüber der Gasthof "Waldhorn". Bild: Google Maps

Frida Däuber sagt über Elser: "Er war immer dunkel gekleidet, ich glaube sogar, dass er nur schwarze Hosen und schwarze Jacken trug." Er sei stets sauber und korrekt angezogen, seine Erscheinung sei gepflegt gewesen. Er habe ein "Köfferle" bei sich gehabt und sei auch über Nacht geblieben. Gleich nach der Ankunft des Omnibusses sei er zur Haustür gegangen, um bei Elsa zu läuten. Sei sie gerade nicht da gewesen, dann habe er sich ins "Waldhorn" gesetzt. Im Ort sei hin und wieder negativ über die beiden geredet und auch berichtet worden: "Er isch wieder do g'wäsa."

Boller Straße 20

Blick im Oktober 2013 vom ehemaligen "Waldhorn" auf das Haus, in dem Elsa Härlen bei ihren Eltern gewohnt hat. An der Haltestelle ist gerade - genau wie in den 1930-er Jahren - der Bus aus Göppingen angekommen.

Waldhorn

Das frühere "Waldhorn", das im Oktober 2013 eingerüstet war, wird inzwischen von einem Lokal namens "Victory" sowie von einem Atelier genutzt. Foto: Februar 2016.

Elsa Härlen hat nach dem Krieg über ihr Leben mit Georg Elser und die Trennung von ihm berichtet. In einem umfangreichen Untersuchungsverfahren der Staatsanwaltschaft München sagte sie 1950 über das Ende der Beziehungen: "Wir haben uns nur noch wenig geschrieben und es wurde immer mehr offensichtlich, dass wir uns auseinander gelebt hatten. Im Januar 1939 habe ich mich das letzte Mal mit Elser getroffen."

Es sei nicht mehr wie früher von Heirat gesprochen worden, ihr Freund habe nur noch davon geredet, dass er nach München gehen wolle, sich aber nicht näher erklärt. Sie konnte nicht wissen, dass er in der bayerischen Hauptstadt den Bombenanschlag auf Adolf Hitler vorbereitete, der dann am 8. November 1939 erfolgte.

Im Dezember jenen Jahres heiratete sie einen Mann namens Karl Votteller, einen Maschinenarbeiter aus Mannheim, der 1940 zur Wehrmacht eingezogen wurde und seit 1942 in Rußland vermisst blieb. Und 1954 ging sie eine dritte Ehe mit dem schlesischen Flüchtling Günter Heinz Stephan ein, der Fräser war und mit dem sie auch in Jebenhausen lebte. Die Frau, die der Elser-Biograf Helmut Haasis, "die größte Liebe" des Widerstandskämpfers nennt, hatte drei Kinder und starb am 11. Oktober 1994 in Wiesensteig.

Anton Lechner schildert noch eine Episode aus dem Leben von Elsa Stephan in ihrem Heimatort: Bei Kriegsende lebte sie in der damaligen Frühlingstraße, heute Gutmannweg. Beim Einmarsch der Amerikaner habe sie am Fenster "mit dem Vorhang gewackelt", worauf ein Soldat in ihre Richtung geschossen habe. Die Kugel habe den neben ihr stehenden Hausbesitzer an der Schulter getroffen, der Verwundete sei umgehend von den Amerikanern ärztlich versorgt worden.


Ulrich Renz bei Wikipedia



Anhang

1917 im Alter von sechs Jahren bei der Einschulung: zweite Reihe vierte von links mit Schleife im Haar. Quelle: Archiv Anton Lechner.


1925 als Vierzehnjährige bei der Konfirmation: erste Reihe erste von rechts. Quelle: Archiv Anton Lechner.


1936 als Fünfundzwanzigjährige im Wental, einem beliebten Ausflugsziel etwa zehn Kilometer von Königsbronn entfernt: erste Reihe rechts, hinter ihr Georg Elser. Quelle: Gedenkstätte für Widerstand.


1961 bei der 50er-Feier im Vereinsheim des Turnverein Jebenhausen. Oberes Bild: erste Reihe vierte von rechts hinter dem weißen Schild. Unteres Bild (mit Ehepartnern): zweite Reihe stehend zehnte von rechts. Ihr Ehemann Günter Heinz Stephan: zweite Reihe stehend erster von rechts. Quelle: Archiv Anton Lechner.


Georg Elser über Elsa Härlen im Berliner Verhörprotokoll (1939)

Solange ich bei der Firma Waldenmaier in Heidenheim geschafft habe, habe ich immer in Königsbronn gewohnt. Zuerst bis Frühjahr 1937 noch bei Frau Härlen, bis mir der Mann dann, wahrscheinlich nachdem er erfahren hatte, wie ich mit seiner Frau stehe, gekündigt hat. Anschließend bin ich zu meinen Eltern gegangen, die in der Zwischenzeit die Hälfte eines Doppelhauses, das allerdings viel kleiner war als unser früheres Haus, gekauft hatten. [...] Die Bekanntschaft mit Maria Schmauder stammt aus der Zeit, in der Frau Härlen noch in Königsbronn wohnte. [...] Im Sommer 1937 ist die Frau Härlen, die sich inzwischen vor der offiziellen Scheidung schon von ihrem Mann getrennt hatte, zuerst in ihre Heimat Jebenhausen bei Göppingen, dann nach Esslingen verzogen, wo sie heute noch in einer Wollfabrik tätig ist und in einem Fabrikheim wohnt. [...] Der Brunhilde folgten eine gewisse Anna, dann die Mathilde Niedermann, dann die Hilda Lang und dann später während meines Aufenthalts in Königsbronn meine dortige Hausfrau Härlen, die heute, wie bereits erwähnt, in Esslingen wohnt. [...] Meine Mutter musste sich nach Schnaitheim zu meiner Schwester Friederike begeben, mein Bruder ging damals zum Arbeitsdienst und ich habe mich bei Frau Härlen eingemietet. Das Inventar meiner Werkstätte behielt ich bei mir. Ich hatte dies bei der Härlen im Keller untergestellt. [...] Im elterlichen Anwesen war ich noch bis Frühjahr 1936 wohnhaft. Ich habe dies erst verlassen, nachdem ich von dem neuen Eigentümer Maurer hierzu aufgefordert worden war. Erst dann habe ich mich bei Frau Härlen in Königsbronn eingemietet. - Verhörprotokoll vom 20.11.1939

Etwa 1 Jahr später, es war im Frühjahr oder im Herbst, die genaue Zeit kann ich nicht mehr angeben, habe ich meine Schwester ohne irgendeinen Anlass in Stuttgart in der gleichen Wohnung aufgesucht. Ich fuhr seinerzeit von Königsbronn aus mit der Bahn nach Stuttgart. [...] Ich muss ergänzen, dass ich an einem Samstag oder Sonntag von Königsbronn aus zuerst nach Esslingen gefahren bin, dort meine frühere Hausfrau aus Königsbronn, Else Härlen, mit der ich ein Verhältnis unterhielt, aufgesucht habe, in Esslingen eine Nacht mit dieser Frau in einer Wirtschaft in der Nähe des Bahnhofs (Name nicht mehr erinnerlich), vom Bahnhofsausgang schräg rechts, - ich würde sie vielleicht wieder finden - zugebracht habe, um am anderen Tag nach Stuttgart mit dem Zug weiterzufahren. (Die Hausfrau hat mich damals auf die erwähnte Wirtschaft aufmerksam gemacht, ob sie ihr dem Namen nach bekannt ist, weiß ich nicht.) Ich entsinne mich nunmehr, dass es ein Montag war, als ich in Stuttgart meine Schwester besuchte. [...] Den wahren Grund meines Besuches in Stuttgart, nämlich das Zusammentreffen mit der Härlen in Esslingen, habe ich meinem Schwager und meiner Schwester verschwiegen. Ich glaube nicht, dass sie überhaupt über meine Beziehungen zu dieser Frau etwas wissen, von mir jedenfalls nicht. - Verhörprotokoll vom 19.11.1939

Post habe ich [1939] während meines Aufenthaltes in München lediglich von Georg Schmauder und Frau Härlen, d. h., die Briefe waren nicht von Georg, sondern von Ruth geschrieben. [...] Die Briefe der Härlen waren Liebesbriefe. [...] Während meines damaligen Aufenthaltes in der Heimat ließ ich mir von der Frau Härlen, die mir ungefähr alle 3 Wochen einmal geschrieben hat, die Post deswegen nicht nach Hause schicken, weil ich vor der Maria Schmauder und früher vor meinen Eltern es nicht gerne wahrhaben wollte, dass ich mit der Frau, die meinetwegen geschieden worden ist, noch im Verkehr stehe. [...] Vom Postamt Heidenheim wurden mir später keine Briefe nachgesandt. Ich hätte auch gar nicht gewusst, von wem, denn in der Klassenlotterie spielte ich nicht mehr, und Frau Härlen hatte ich von meinem Umzug nach München mit der Angabe der dortigen Adresse verständigt. Was ich der Frau Härlen seinerzeit über den Grund der Übersiedlung nach München gesagt habe, fällt mir nicht ein. Den wahren Grund jedenfalls nicht. - Verhörprotokoll vom 23.11.1939


Elsa Härlens Aussage beim Ermittlungsverfahren zur Aufklärung des Bürgerbräuattentats (1950)

Zur Klärung des Sachverhaltes wurde die fr. Braut des Elser, die verh. Hausfrau

Elsa Votteler
gesch. Härlen, geb. Stephan
geb. am 15.8.1911 in Göppingen-Jebenhausen
wohnh. in Göppingen-Jebenhausen
Frühlingstrasse 170

am 28.7.1950 in ihrer Wohnung aufgesucht und zur Sache gehört. Im einzelnen gab sie an:

"Den Georg Elser habe ich 1933 in Königsbronn kennen gelernt. Damals war ich noch verheiratet, meine Ehe ist erst später geschieden worden. 1936 habe ich meine Wohnung in Königsbronn aufgegeben und bin nach Jebenhausen in das Haus meiner Mutter verzogen. Dadurch bin ich mit E l s e r weniger zusammengekommen und unser Verhältnis hat sich langsam gelöst. Wir haben uns nur noch wenig geschrieben und es wurde immer mehr offensichtlich, dass wir uns auseinander gelebt hatten. Im Januar 1939 habe ich mich das letzte Mal mit E l s e r getroffen. Er hat damals sich bei seiner Schwester in Stuttgart aufgehalten und wir verabredeten deshalb die Zusammenkunft für Stuttgart. Bei einem Spaziergang hat er mir gesagt, dass er nach München verziehen wolle, um sich dort Arbeit zu suchen. Obwohl ich immer wieder bat, mir doch den Grund anzugeben, warum er ausgerechnet in München arbeiten wolle, hat er mir keine Erklärung dafür gegeben. Er war sehr eigensinnig und wenn er über etwas nicht reden wollte, konnte er durch nichts dazu bewegt werden. Vorher hatten wir immer davon gesprochen, dass wir heiraten wollen. Nachdem wir aber bei dieser Zusammenkunft auch zu keiner Einigung kamen und ich bemerkte, dass er noch lange nicht an das Heiraten dachte, habe ich ihm erklärt, ich würde diese Ungewissheit nicht mehr länger mitmachen und heiraten sobald ich einen ehrlichen Menschen finden würde.

Von München aus hat mir Elser nur zweimal geschrieben und mir dabei mitgeteilt, dass er in München ein schönes Zimmer bewohne und auch eine Werkstatt gefunden habe, wo er arbeiten könne. In meinen Briefen habe ich ihn immer wieder gefragt, wo und was er arbeite und was er verdiene. Jedoch hat er mir diese Fragen überhaupt nicht beantwortet. Im Laufe des Sommers 1939 habe ich meinen jetzigen Ehemann Karl Votteler kennen gelernt. Wir hatten beschlossen, Ende November 1939 zu heiraten. Wir haben damals beide in Esslingen in der Aluminium-Fabrik Ritter gearbeitet und auch in Esslingen gewohnt. Weil ich nun feste Heiratsabsichten hatte, hat sich mein Verhältnis mit Elser vollkommen gelöst.

E l s e r war ein still veranlagter Mensch, der ausser seinem Beruf und seiner Passion für Musik nichts kannte. Er war in seinem Beruf sehr geschickt und es gab auf handwerklichem Gebiet kein Problem, das er nicht gelöst hätte. Politisch hat er sich nie geäussert und sich überhaupt nicht dafür interessiert. Wenn ich selbst oder andere Personen in seiner Anwesenheit über Maßnahmen der NSDAP schimpften, so war er in seinen Äusserungen immer sehr konsequent. Er sagte immer, man ist dafür oder dagegen, aber Diskussionen liebte er nicht. Gelegentlich einer Sammlung, die von der SA zum Kauf von Uniformen durchgeführt wurde, äusserte ich über diese Art der Geldaufbringung mein Missfallen. E l s e r sagte darauf nur: "Entweder Du bist dafür und gibst etwas oder Du bist dagegen dann gibst Du eben nichts." Ich kann tatsächlich nicht sagen, ob er für oder gegen die Partei war.

Einer Gliederung der Partei hat er nicht angehört und ich bin überzeugt, dass er auch nie Uniform getragen hätte.

Mit meinem jetzigen Mann hatte ich unseren Hochzeitstermin auf einen Samstag, ungefähr Mitte November 1939, festgelegt. Am Mittwoch vorher fuhr ich mit meinem Mann nach Jebenhausen, um die Hochzeit im Hause meiner Mutter vorzubereiten. Ich hatte wohl vorher von dem Attentat in München gehört und von Arbeitskolleginnen auch erfahren, dass der Attentäter festgenommen sei. Man sprach damals in meinem Geschäft davon, dass ein gewisser Elsässer der Täter sei. Aus diesem Grunde kam ich nie auf den Gedanken, dass E l s e r der Täter sein soll. Erst bei meiner Ankunft in Jebenhausen an diesem Mittwoch erfuhr ich von meiner Mutter, dass E l s e r das Attentat begangen hat und dass seine sämtlichen Verwandten bereits festgenommen waren. Dort sah ich auch das erste Mal sein Bild in der Zeitung. Ich war kaum eine halbe Stunde zu Hause, als ich von dem Kriminalbeamten S a u t e r aus Göppingen in der Wohnung meiner Mutter festgenommen und unmittelbar zum Polizeipräsidium Stuttgart gebracht wurde. Sauter hat mich wie eine Verbrecherin behandelt und mir nicht einmal Gelegenheit gelassen, ein Taschentuch, viel weniger noch Toilettenartikel mitzunehmen. In Stuttgart wurde ich nicht vernommen, sondern nur bis zum Abend in der Büchsenstrasse [Polizeigefängnis] in Haft gehalten. Noch am selben Abend wurde ich und auch die ganze Familie E l s e r mit einem Sonderzug nach Berlin gebracht. Ich wurde von dem Kriminalbeamten K e s s l e r in einem besonderen Abteil bewacht. Von der Familie E l s e r bekam ich niemand zu sehen. Ausser K e s s l e r war noch ein zweiter Beamter in meinem Abteil. Dieser war damals ungefähr 40 Jahre alt. Seinen Namen weiss ich leider nicht mehr. Von diesen Beamten wurde ich gut und zuvorkommend behandelt. Im Polizeipräsidium Berlin kam ich in eine Zelle und wurde ein paar Tage lang bei Tag und Nacht von mindestens sieben bis acht Beamten verhört. Der ganzen Aufregung und den andauernden Vernehmungen war ich körperlich und seelisch nicht gewachsen und bin am 2. oder 3. Tag zusammengebrochen. Erst nachdem man mir Stärkungsmittel gab, konnte ich wieder Aussagen machen. Am 2. oder 3. Tage wurde ich in der Nacht gegen 1/2 2 Uhr zu Himmler gebracht, der mich ebenfalls stundenlang vernommen hat. Ich musste ihm meine ganzen Verhältnisse und auch über mein Zusammenleben mit E l s e r bis ins Kleinste berichten. Er war sehr nett zu mir und hat mir lediglich vorgehalten, warum ich keiner Gliederung der Partei oder wenigstens der Frauenschaft angehöre. Er meinte, dies sei ein Beweis für meine negative Einstellung zur Partei und für mich sehr belastend. Über die ganze Vernehmung wurde Protokoll geführt.

Erst am 2., wahrscheinlich aber am 3. Tag, wurde mir im Hotel "Kaiserhof" ein Zimmer zugewiesen. Die Türen waren immer verschlossen und davor standen Posten. Von den Angehörigen der Familie E l s e r, die auch in diesem Hotel untergebracht waren, habe ich niemand gesehen. Aus gelegentlichen Äusserungen und aus dem Verhalten der mich vernehmenden Beamten habe ich geschlossen, dass ich anscheinend neben E l s e r als besonders verdächtige Person galt. Man wollte mir einfach nicht glauben, dass ich mit E l s e r keine Verbindung hatte und von dem Attentat nichts wusste. Sogar Himmler wollte mir unterstellen, ich hätte meine Heirat mit Votteler nur deshalb für Mitte November festgelegt, um mein Verhältnis mit E l s e r zu verschleiern.

Bei meinen Vernehmungen habe ich immer wieder zum Ausdruck gebracht, ich könne einfach nicht glauben, dass E l s e r allein das Attentat begangen haben soll. Anscheinend um mich zu überzeugen, wurde ich in einem Zimmer dem E l s e r gegenübergestellt. Er sass in der Mitte des Zimmers auf einem Stuhl und ich hätte ihn in seinem Zustand bestimmt nicht als meinen fr. Verlobten erkannt. Sein Gesicht war verschwollen und blau geschlagen. Die Augen traten aus den Höhlen und er machte auf mich einen furchtbaren Eindruck. Auch seine Füsse waren geschwollen und ich glaube, dass er nur deshalb auf dem Stuhl sass, weil er kaum mehr stehen konnte. In jeder Ecke des Zimmers stand ein Kriminalbeamter mit gezogener Pistole. Ein Beamter sagte zu E l s e r : "Hier ist Ihre fr. Braut. Sie ist immer noch überzeugt, dass Sie das Attentat nicht begangen haben. Sagen Sie es ihr nun selbst, dass Sie es begangen haben." Ein Beamter stellte sich hinter E l s e r und hat ihm, damit er redet, immer wieder einen Stoss ins Genick oder den Rücken versetzt. Ich bin überzeugt, dass er nur redete, weil er körperlich gebrochen war und sich vor den Schlägen fürchtete. Er sprach dann nur stossweise und wurde immer wieder durch Schläge zum Weiterreden gezwungen. Er sagte ungefähr folgendes: "Bei der Fa. V o l l m e r habe er Schwarzpulver entwendet und mit diesem eine Höllenmaschine gebaut. Er sei dazu von ausländischen Agenten angestiftet worden und habe in deren Auftrag gehandelt. Die Verbindung mit den Agenten hätte er während seiner Tätigkeit bei der Fa. W a l d e n m a i e r aufgenommen, wo er als Angestellter in der Versandabteilung mit dem Ausland Verbindung bekommen hätte." Nähere Einzelheiten konnte ich dabei natürlich nicht erfahren, denn E l s e r wurde teils durch Schläge am Weitereden gehindert und andererseits wieder durch Schläge gezwungen zu reden.

Schon in Berlin hatte ich den Eindruck, dass E l s e r von den Nazis zu dem Attentat gekauft wurde. Durch welche Umstände ich zu dieser Überzeugung kam, weiss ich heute nicht mehr. Jedenfalls liessen mir die ganzen Umstände diese Vermutung als wahrscheinlich erscheinen. Auch von Himmler hatte ich den Eindruck, dass er der ganzen Sache skeptisch gegenüber stand und auch selbst nicht richtig bei der Sache war. Anschliessend hat er mit strengstes Stillschweigen auferlegt.

Vor Beendigung der Gegenüberstellung sagte ein Kriminalbeamter zu mir, ich könne nun selbst E l s e r etwas fragen. Ich konnte aber nur fragen: "Georg hast Du das getan?" Zunächst hat E l s e r nicht geantwortet, sondern mich nur mit einem Blick angesehen, den ich nie vergessen werde. Ganz langsam öffnete er dann den Mund und sagte: "Else". In demselben Augenblick bekam er von dem hinter ihm stehenden Beamten einen Schlag ins Genick und durfte nicht mehr reden. Ich war damals schon und bin auch heute noch fest davon überzeugt, dass E l s e r sagen wollte, er sei unschuldig. Soviel konnte ich als seine frühere Braut aus seinen Zügen und seinen Gesten entnehmen.

Ich bin nach wie vor überzeugt, dass E l s e r das Attentat nicht allein ausgefühlt hat, dazu war er viel zu gutmütig und zu harmlos. Er konnte niemanden etwas zuleide tun und war auch nie aufbrausend oder nachtragend. Ich kann mir auch nicht denken, von was er in seiner Münchner Zeit gelebt hat. Einer richtigen Arbeit ging er doch nicht nach. Er muss schon von irgend einer Seite Geld bekommen haben.

Nachdem ich ungefähr 10 Tage in Berlin war, wurde ich ebenfalls unter Bewachung wieder nach Stuttgart verbracht. Unter Androhung schlimmster Strafen wurde ich verpflichtet, unbedingtes Stillschweigen über die ganze Sache zu bewahren. Die Verpflichtung musste ich unterschreiben.

In den folgenden Jahren habe ich nie mehr etwas von E l s e r gehört und deshalb angenommen, dass er bald nach dem Attentat erschossen wurde. Erst nach dem Kriege las ich in der Zeitung einen Artikel von Pastor N i e m ö l l e r, dass E l s e r über den ganzen Krieg im KZ Dachau gewesen sei. Im Frühjahr 1945 wäre er plötzlich abgeholt worden und sei nie mehr gesehen worden. "

Quelle: Institut für Zeitgeschichte ZS/A-17/3, S. 115-118


Karoline Schmauder über Elsa Härlen (1950)

Elser hatte eine Braut und zwar war dies eine geschiedene Frau aus Königsbronn, namens Else H ä r l e , geb. Stefan. Diese Else Härle hat während dieser Zeit, in welcher Elser bei uns logierte in der Nachbarschaft eine Zeitlang gewohnt. Frau Härle kam abends auch oft zu uns und hat hier bei uns auf den Strickmaschinen gestrickt. Etwa 1/4 Jahr vor der Abreise Elsers ist die Frau Härle nach Esslingen verzogen und Elser hat sie in der folgenden Zeit des öfteren in Esslingen besucht. Elser hat als zu mir gesagt, wenn der Krankenkontrolleur komme, solle ich sagen, er sei zu seinem Vater nach Königsbronn gefahren, wo er tatsächlich hinfuhr, hat er uns nicht gesagt, aber wenn er zurückkehrte, haben wir an seiner Fahrkarte gesehen, dass er in Esslingen war. Außer seiner Freundin hatte Elser während seines Aufenthalts hier in Schnaitheim meines Wissens keine sonstigen Bekannten oder Freunde. Hier in unserem Haus hat er gar nie irgend welchen Besuch empfangen und es ist mir wirklich nichts bekannt davon, dass er sonst noch mit irgend jemand verkehrt hat.

Quelle: Institut für Zeitgeschichte ZS/A-17/3, S. 22


Georg Elser hat nach Angabe von Karoline Schmauder von Februar - laut Meldeunterlagen aus Heidenheim ab 4. Mai (IfZ ZS/A-17/5, S. 25) - bis August 1939 in deren Nebenhaus bei ihrer Tochter Berta Schaad in einer Kammer in der Brenzstraße 16 in Heidenheim-Schnaitheim gewohnt. Nach Aussage von Berta Schmauder (IfZ IfZ ZS/A-17/3, S. 28) hat Elsa Härlen nach ihrer Scheidung in der Enge Straße 16 oder 18 bei einer Inge Strauß gewohnt. Die Enge Straße ist eine unmittelbar neben der Brenzstraße verlaufende Parallelstraße.


Elsa Härlen im TV-Interview (1965)

"Panorama" am 26. Juli 1965 um 21:45 Uhr (14 Minuten)

Mitschnitt der Sendung

In diesem Interview bestreitet Elsa Härlen, im Rahmen ihrer Verhöre in Berlin Hitler persönlich begegnet zu sein. Weiterhin ist sie fest davon überzeugt, dass Elser die Bombe gebaut, dafür aber von den Nationalsozialisten finanziert worden sei.


Interview mit Elsa Härlen (1965/66)

Frau Else Stephan aus Göppingen-Jebenhausen, Spreewitzstr. 6 [richtig: Von-Sprewitz-Straße 6]

Sie war die Geliebte von Elser, Frau Else Herlen [richtig: Härlen]. Sie heiratete dann einen Mann aus Ettlingen [richtig: Esslingen] nach der Affäre Elser. Er fiel im Krieg. Nach dem Krieg heiratete sie dann einen schlesischen Flüchtling, namens Stephan. Sie hatte das gleiche Schicksal wie die Mathilde Wetzel. Beide heirateten einen Mann, der im Kriege fiel und gingen dann eine zweite, bezw. dritte Ehe ein.

Das Interview dauerte fast 4 Std., ich war in der Wohnung in einem Neubaublock, normal bürgerlich eingerichtet. Sie begann erst zögernd, dann flüssiger.

1933 lernte die damalige Else Herlen Georg Elser kennen. Sie war Mitglied einer Wandergruppe von "Kraft durch Freude". Der Wanderverein war gleichgeschaltet, aber völlig unpolitisch. Der Verein unternahm eine Fahrt in's "Steinerne Meer" bei Bartholomä zwischen Königsbronn und Ahlen [richtig: Aalen]. Auf dem Ausflug lernte sie Elser kennen. Sie verstanden sich sofort sehr gut. Sie war mit d. Zimmermann Hermann Herlen verheiratet, die Ehe ging aber gar nicht gut. Hermann Herlen war bei seinem Bruder Eugen Herlen beschäftigt. Ihr Mann war ein haltloser Trinker und arbeitete nur 3 Tage in der Woche. Oft war kein Geld im Haus. Als die Tochter Iris Schuhe brauchte, war nie Geld dafür da. Nach ihren Worten hat sie ein Martyrium durchmachen müssen. Als sie das 2. Kind erwartete, den Buben, der offenbar von Elser war im Jahre 1935 im Dezember, war ihr Mann völlig betrunken nach Hause gekommen und schlug sie. Als das Kind geboren wurde, hat ihr Mann sich ins Bett gelegt und sich überhaupt nicht um die Geburt gekümmert. Er hat nur gesagt: "Was geht mich dieses Kind an!" Das Kind kam zur Welt bevor eine Hebamme zur Stelle war. Dieser Sohn ist jetzt verheiratet und lebt in Göppingen. Näheres wollte sie mir darüber nicht sagen. Der Sohn weiß scheinbar [darüber handschriftlich: anscheinend] nichts von der vermutlichen Vaterschaft Elsers. Sie ist wohl auch nicht ganz geklärt.

Sie fühlte sich sehr zu Elser hingezogen, er trank nicht, er rauchte nicht, er fluchte nicht, er schlug sie nicht. Er war für sie ein 'Gentleman'. Sie hat in den 6 Jahren nie erlebt, dass er sich je vorbeibenommen [hat]. Sie lobt Elser sehr. Er war anständig, bescheiden, still, ja wortkarg, sparsam, sehr geschickt und tüchtig. Ihm ging es nie ums Geldverdienen, immer nur um die Befriedigung.

Sie meint, Elser habe ihr alles anvertraut, hat mit ihr aber nie über Politik gesprochen. Sie wusste nicht, dass er Mitglied der KP [richtig: Rotfrontkämpferbund] war. Sie glaubt es auch nicht.

Während einer Wahl in Königsbronn sprach sie einmal mit ihm über Politik. Sie fragte ihn, ob er wählen gehe. Er sagte "nein". Sie versuchte ihn zum Wählen zu bringen, wegen der Leute im kleinen Ort. Ihm sei das aber egal gewesen. Aber, dass sie wähle sei ihm zwar nicht recht gewesen, er habe sie aber gehen lassen.

Er hat ihr oft gesagt, dass er nie ein richtiges Elternhaus gehabt habe, sein Vater hätte oft das Geld vertrunken und er habe als Ältester für seine Geschwister und seine Mutter mit sorgen müssen. Er muss eine schlechte Kindheit gehabt haben.

Else hat immer gern Kuchen gebacken und diese aß Elser besonders gern, er hat zu Hause so etwas nie gehabt. Er sagte oft: Meine Mutter hatte nicht einmal das Geld mal 1/2 Pfd. Zucker zu kaufen.

Elser habe viel gelesen, aber das sei ihr zu 'hoch' gewesen. Sie habe den ganzen Schrank voller Bücher gehabt, aber die wollte Elser nie lesen, er wollte nur Bücher, durch die er sich bilden könne. Er hat sich auch zu Weihnachten ein Buch gewünscht, es war ein wissenschaftliches Buch. Sie weiß nichts mehr von dem Titel, meinte aber, es sei naturwissenschaftlich. Er hatte eine Reihe Bücher.

Er ist nie zu einer politischen Veranstaltung gegangen, nie zu einer Wahl und hat in ihrer Gegenwart auch zu anderen nie politisch gesprochen.

Er wünschte von ihr betreut zu werden, sie solle eine mütterliche Geliebte sein und war es auch. Bei ihr hat er sich geborgen gefühlt und hat ihr auch die Ehe versprochen. Die Scheidung war wohl 1935. Dass sie nicht heirateten, lag am Wohnungsmangel. Ihre Eltern hatten zwar ein Mietshaus und es hätten von dort Leute gekündigt werden müssen, aber das wollte Elser nicht. Seinetwegen solle niemand gekündigt werden, er wolle sich auch alles selbst erwerben.

Der Vater der Stephan hat dem Elser gesagt, wenn er wolle, könne er Innenarchitektur studieren, er wollte es finanzieren. Elser habe das abgelehnt, er will sich nicht in ein gemachtes Bett setzen. So kam es, dass sie zwar zusammenlebten, aber nicht heirateten. Sie wohnten in Schneitheim [richtig: Schnaitheim] und später bei ihren Eltern in Jebenhausen. Sie arbeitete im Büro der Esslinger Firma Merkle Kienlein. An den Wochenenden besuchte Elser sie immer. Sie gingen oft zusammen spazieren und er erzählte von seiner Konstanzer Zeit und auch davon, dass er im kleinen Grenzverkehr in die Schweiz gegangen ist.

Frau Stephan beteuerte, nicht das Geringste vom Bau der Höllenmaschine gewusst zu haben. Manchmal sei ihr Elser unheimlich vorgekommen. Sie spürte, dass irgendetwas mit ihm ist, dass ihn irgendetwas bedrückt, worüber er sich nicht aussprach. Sie hat sich darüber gewundert, dass er als Kunsttischler plötzlich in den Steinbruch als Gelegenheitsarbeiter gegangen ist. Er hat es als vorübergehend bagatellisiert, er mache es nur vorübergehend, weil er nach München gehen müsse.

In Ettlingen [handschriftlich korrigiert: Esslingen] lernte Frau Herlen einen anderen Mann kennen, der um sie warb. Sie hatte aber Georg Elser versprochen, auf ihn zu warten. Er war nach München gegangen und hat sich überhaupt nicht mehr gemeldet. Im Herbst 1939 machte dieser andere Mann ihr einen Heiratsantrag. Sie hat den Mann hingehalten. Sie wusste nicht, wie sie sich entscheiden solle, da Elser wie vom Erdboden verschwunden war, sie sich aber an ihn gebunden gefühlt hat. Schließlich hat sie dem Werben des Mannes nachgegeben und die standesamtl. Trauung wurde auf den 2. Dez. 1939 festgesetzt.

Am 8. Nov. geschah das Attentat, sie erfuhr davon, nahm aber keine Notiz von dem Vorfall. Einige Tage später hörte sie von ihrem Bruder, dass man in Heidenheim erzähle, ein Königsbronner habe das Attentat verübt. An Elser habe niemand gedacht.

Am 18. Nov. 1939 saß sie in ihrem Büro. Nachmittags 14 Uhr kam ihr Abteilungsleiter und teilte ihr mit, dass die Gestapo sie sprechen wolle. Sie hat das ins Lächerliche gezogen, aber der Mann war sehr ernst. Im Büro des Abteilungsleiters warteten zwei Gestapoleute auf sie, einer hieß Befferer od. ähnlich. Sie wurde sofort mitgenommen, durfte aber erst zu den Eltern und konnte sich ein paar Sachen mitnehmen. Sie nahm einige Taschentücher, da sie glaubte, sofort wieder nach Hause zu können.

[Es folgt eine Schilderung der Reise nach Berlin, wo sie u.a. von Heinrich Himmler, aber auch von Adolf Hitler und Martin Bormann verhört worden sei. Am 30. November sei sie nach Göppingen zurückgekommen.]

Für den 2.12.1939 war ihr Aufgebot mit dem Mann Karl (?) geplant und sie haben dann auch in Jebenhausen geheiratet. Die Firma hat ihr 4 Wo. Urlaub gegeben, den sie in Mannheim verbracht hat. Am 5.3.1940 wurde ihr Mann als Offizier zur Wehrmacht eingezogen. Seit 1942 ist er in Russland vermisst. Bis heute keine Nachricht. Bis 42 in Esslingen gearbeitet, dann hat sie in Hattenhofen einen Tischlereibetrieb kaufmännisch betreut.

Wiedergutmachung hat sie nicht beantragt. Die Bundesregierung habe sie um nichts gebracht, so wolle sie auch nichts von ihr. Geschädigt sei sie durch die Zigeuner vorher, das könne sie diesem Staat nicht ankreiden.

Man habe sie zuerst in der Nachbarschaft verachtet, kaum mit ihr gesprochen. Mit der Zeit hat es sich dann gegeben. Als sich aber herausstellte, dass der Krieg verloren gehe und in der ersten Zeit nach dem Krieg hätte sie plötzlich so viel Freunde gehabt wie nie. Da hätte man versucht, ihr Lebensmittelmarken etc. zu bringen, sie habe es aber abgelehnt.

An Fotos ist ein Bild der Wandergruppe, ganz hinten ist Elser zu erkennen in der äußersten Marschreihe als der Dritte von hinten rechts. Er hat eine Trachtenjacke mit schwarzem Aufschlag, trägt keinen Hut, trägt in der Hand eine Klampfe. Vorn, hinter dem Mädchen mit den schwarzen Zöpfen geht Frau Herlen als 2. Frau hinter dem Mann mit dem Schifferklavier.

Dann Foto der Else Herlen, von Elser aufgenommen.

Frau Herlen bittet um Rückgabe und Honorierung der Bilder.

Sie hat von Elser einen Schmuckkasten mit bunten Intarsien als Andenken. Hierin hat sie seine Briefe aufbewahrt. Die Gestapo hat alle Briefe weggenommen mit dem Schmuckkasten. Nichts zurückerhalten.

Elser hat ein Doppelleben geführt und sein politisches Leben vollständig von seinem Privatleben getrennt.

Sie glaubt schon, dass er der Mann war, der im Alleingang das alles gemacht hat. Aber er hatte wenig Geld und hatte wohl 6 Monate keine Einnahmen. Sie vermutet eine geldliche Unterstützung.

Ihr gegenüber hat er seine Beziehungen zum Krug [richtig: Kuch] bagatellisiert. Sie hatte den Eindruck, dass er Karl Krug nicht mochte, weil er zu sehr prahlte und zu sehr mit dem Geld um sich warf und auch trank. Das mochte er nicht. Sie bezweifelt aber, dass er von Krug Geld bekommen hat.

Quelle: Institut für Zeitgeschichte IfZ ZS/A-17/3, S. 120-127


Dieses ist eines von mehreren Interviews, die ein Journalist namens Tollmein (IfZ ZS/A-17/3, S. 104) in den Jahren 1965/66 mit Zeitzeugen des Bürgerbräu-Attentats geführt hat, wohl um eine Reportage über Georg Elser für den "Stern" (IfZ ZS/A-17/1, S. 18) vorzubereiten. Diese Datierung ergibt sich daraus, dass bei einem Interview von Georg Vollmer (* 27.11.1894) dieser einundsiebzig Jahre alt war (IfZ ZS/A-17/3, S. 104).

Es spricht einiges dafür, dass der Interviewer ein Journalist namens Horst Günter Tolmein aus Stuttgart-Obertürkheim war, der in einem undatierten, von seinem Ablageort aber in das Jahr 1964 gehörenden Dokument Mutmaßungen über Georg Elser anstellt und erklärt, er habe "fast vierzig Personen befragt, die alle Elser mehr oder weniger gut gekannt haben." (IfZ ZS/A-17/7, S.75-80). Dieser Horst Günter Tolmein hat ab 1972 einige Bücher zu Militärthemen veröffentlicht (siehe auch ZVAB). – Nachforschungen von Ulrich Renz haben ergeben: Horst Günter Tolmein hat von September 1968 bis Januar 1971 beim "Spiegel" im Ressort Militärpolitik gearbeitet. Er hat auch für den "Stern" geschrieben. Allerdings hat er bei keinem dieser Magazine etwas zu Georg Elser hinterlassen.


Drehbuchautor Fred Breinersdorfer über zwei uneheliche Kinder Elsers mit Elsa Härlen (2013)

Wichtig war seine große Liebe. Eine junge verheiratete Frau: Elsa Härlen. Er ist zu ihr in das Haus ihres Mannes gezogen und sie hatten mit großer Wahrscheinlichkeit zwei uneheliche Kinder, die früh gestorben sind. Anfangs wussten wir wenig über sie, meine Tochter hat es aber geschafft, die Tochter von Elsa Härlen, die heute eine alte Frau ist, dazu zu bewegen, mit ihr zu sprechen.

Anna-Lena Buchmaier, Vom Lebemann zum Tyrannenmörder. Drehbuchautor Fred Breinersdorfer spricht über Georg Elser als lebenslustigen Casanova und seinen persönlichen Bezug zur NS-Zeit, in: Heidenheimer Zeitung / Heidenheimer Neue Presse 24.8.2013, S. 23


Dieser Theorie der angeblich zwei unehelichen Kinder Elsers mit Elsa Härlen, die "früh gestorben" sein sollen, steht das weiter oben zitierte Interview mit Elsa Härlen von 1965/66 konträr entgegen, in dem es über deren zweites Kind, das ja tatsächlich als ein Sohn Elsers in Frage kommt, heißt: "Dieser Sohn ist jetzt verheiratet und lebt in Göppingen. Näheres wollte sie mir darüber nicht sagen. Der Sohn weiß scheinbar nichts von der vermutlichen Vaterschaft Elsers."

Vor diesem Hintergrund und mangels belastbarer Nachweise kann das angebliche zweite uneheliche Kind Elsers mit Elsa Härlen nur als ein weiteres unter den zahlreichen Phantasieprodukten zum Thema Georg Elser eingestuft werden.

Nachgewiesen ist hingegen Manfred Bühl, ein 1930 geborener unehelicher Sohn Elsers von Mathilde Bühl (geb. Niedermann) in Konstanz. Hierzu heißt es beispielsweise im Berliner Verhörprotokoll vom 21. November 1939:

"Der Verkehr mit der Mathilde Niedermann hatte Folgen. Es wurde uns seinerzeit, als sie glaubte, dass sie im zweiten Schwangerschaftsmonat sei, eine Adresse in Genf genannt, wo dies beseitigt werden würde. (Die Adresse fällt mir nicht mehr ein.) Wir fuhren gemeinsam, d. h. Mathilde und ich, nach Genf. Mathilde wurde untersucht und es wurde festgestellt, dass sie bereits im vierten Monat war und ein Eingriff nicht mehr gemacht werden könne. Diese Untersuchung hat damals eine Frau vorgenommen. Wir mussten dafür nichts bezahlen. Eine Nacht blieben wir in Genf und fuhren am nächsten Tag nach Konstanz zurück. Die Reisekosten habe ich getragen. Das Kind wurde geboren. Es ist ein Knabe, Manfred. Mathilde Niedermann hat sich später verheiratet. Wie sie heute heißt, weiß ich nicht. Für Alimentenzahlungen werden mir wöchentlich die Überschüsse meines Wochenlohnes, sobald sie 24 Mark überschreiten, abgezogen. Das Kind Manfred habe ich bis zum Alter von etwa einem halben Jahr öfter gesehen, seither aber nicht mehr. Ich hatte immer die Absicht, den Knaben einmal später zu mir zu nehmen bzw. meine Mutter."

Zu Manfred Bühl siehe auch: 13 Minuten zu spät, in: Der Spiegel 46/1996.


Für den Anhang verantwortlich: Peter Koblank