Johannes Grützke: Johann Georg Elser

Johann Georg Elser, Schabradierung auf Kupfer, 1998
Kupferdruckatelier Peter Kneubühler, Zürich
Motivformat: 85 x 110 cm / Blatt: 90 x 116 cm / 300 g Saunders Waterford
Auflage: 30 + 3 E.A., nummeriert u. signiert

Johannes Grützke (* 30. September 1937 in Berlin) ist Maler, Zeichner, Druckgrafiker und Medailleur. Er ist Mitbegründer und bekanntester Maler aus der "Schule der neuen Prächtigkeit" mit einem satirischen, mit Ironie gewürzten Realismus. 1992 bis 2002 war er Professor für Malerei an der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg.

Grützke malt in einem figurativen, sehr eigenständigen Stil. Die von ihm dargestellten Personen und die Szenen, in die er sie stellt, wirken ironisch überzeichnet, als hervorragender Porträtist idealisiert seine Modelle nicht gerade, oft sind Nase und Ohren übergroß, der Kopf insgesamt verzerrt.

Die verbissene Entschlossenheit und die Einsamkeit Elsers kommen in der Radierung Johannes Grützkes zum Ausdruck - zu besichtigen ist sie in Konstanz im Rosgartenmuseum.

Warum hat der Mann dort oben keinerlei Ähnlichkeit mit Georg Elser?

Johannes Grützke hat zahlreiche Bilder von verschiedensten Männern, darunter auch Selbstbildnisse, gemalt, die alle eine auffallend ähnliche Physiognomie haben. Hier eine wahllos im Internet gefundene Auswahl (schwarzweiß: "Elser"):


Albrecht Weckmann, Leiter der Kunstschule Filderstadt, beschreibt, warum Grützke sich auf all diesen Gemälden - und dies auch stellvertretend für andere Personen wie z.B. Georg Elser - selbst porträtiert:

    Mit zwei wesentlichen Aspekten lässt sich Grützkes Arbeit charakterisieren:

1. Was heißt Portraitieren?

Es geht Grützke dabei um die subjektive Erfahrung, die Beobachtung seiner selbst, mit der er Wirklichkeit erfährt. Zitat Grützke:

"Meine Bilder sind Ausdruck meiner persönlichen Erfahrungen, ..., und ich dokumentiere in meinen Bildern, stellvertretend für Viele, allgemeine Erfahrungen. ... Mit Hilfe eines Ausschnittes aus der Realität male ich die gesamte Realität. Die mich umgebende kleine Realität, ..., ist stellvertretend für die gesamte große Realität. Demzufolge ist meine Person stellvertretend für alle Personen."

Deshalb spiegelt sich in seinen Portraits immer auch er sich selbst. Ein so selbstverständlicher Vorgang, dass es mir fast zu banal erscheint, da auf jahrhunderte lange Tradition in der Kunst zu verweisen - da können wir das Abendmahl, die Mona Lisa von Leonardo nehmen, die biblischen Motive bei Rembrandt, den auch politischen Künstler Goya, in vielfältiger Weise werden wir da immer auch mit dem Selbst der Künstler konfrontiert.

2. Was heißt Malen?

Malen ist bei Grützke engstens verbunden mit dem "Geschichten erzählen". Als Mitgründer der Künstlergruppe "Neue Prächtigkeit" hat sich Grützke schon sehr früh interdisziplinär bewegt, sprich als Autor, Bühnenbildner, Spieler agiert, legendär war seine Zusammenarbeit mit Peter Zadek. Dies hat zwangsläufig Auswirkungen auf sein Verständnis der Malerei.

Seine Bilder sind immer auch Inszenierungen.

Und wenn wir nun die Elsersche Radierung hernehmen, ist eine Erklärung die:

Ein Bild ist eine Inszenierung, die Handlung soll eindrücklich nachvollziehbar sein. Und wie bei einer Inszenierung geht es um die Glaubwürdigkeit des Ausdrucks. Dazu sind Mittel, die Gestik, die Mimik, der Kontext eines Bühnenraums.

Und all dies ist Grützke in hervorragender Weise gelungen, wie ich meine!

Johannes Grützke ehrt Hitler-Attentäter